Das Bewußtsein denkt in Sprache, das Unbewußte denkt in Bildern. Dieses – freie – Zitat nach C. G. Jung verdeutlicht die Polarität seines Denkens und seines psychologischen Ansatzes. Der Traum als Sprache des Unbewußten nimmt dabei eine exponierte Stellung ein.
Ein Kernelement der Psychoanalyse nach Freud ist die Traumdeutung. Die Traumdeutung oder Trauminterpretation wird nicht „von außen“, also durch den Therapeuten oder einen Beobachter vorgenommen, sondern vom Klienten – dem Träumer - selbst. Der Therapeut verfügt über das Wissen um die Mechanik eines TraumsGrundsätzliche Traum-Mechanismen sind Verdichtung, Verschiebung und Entstellung der Inhalte. und kann mit seinen Beobachtungen dem Klienten Rückmeldungen geben, ob dieser tiefer in das Traumgeschehen hineingehen kann oder ob er sich vom Inhalt des Traums entfernt, vielleicht weil die Inhalte zu unangenehm werden.
Die Annahme, daß ein bestimmtes Traumbild eine bestimmte Bedeutung hätte – wie es viele „Traumratgeber“ vermitteln, ist dabei irrelevant. Die wirkliche Bedeutung eines Traumbildes entsteht erst im Zusammenhang mit den individuellen emotionalen und seelischen Erfahrungen des Klienten. Der Therapeut übernimmt mit gezielten Intervention Als Intervention (= Dazwischenkommen) wird in der Psychotherapie die methodische und sinnvolle konstruktive Unterbrechung des Gedankengangs des Klienten durch den Therapeuten bezeichnet. die Funktion eines Katalysators.
C. G. Jung hat – analog zu seinem erweiterten Konzept der Psychoanalyse – auch ein Konzept zur Traumdeutung formuliert, das seine Theorie vom kollektiven Unbewußten berücksichtigt. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Symbolbegriff: Die Bilder des Traums werden nicht als zufällig angesehen, sondern als gezielte und notwendige Bestandteile des Unbewußten. AssoziationenAssoziation = Vergesellschaftung: Ein zentraler Begriff wird durch andere ergänzt, die keinen kausalen, sondern einen Sinn-Zusammenhang erlauben. zu diesen Bildern werden gesammelt und auf ihre Bedeutung für den Träumer hin untersucht. Die Bestandteile des Traumbildes werden nach und nach zu Symbolen:
Nach C. G. Jungs Definition ist ein Symbol durch unendliche Interpretationsmöglichkeiten gekennzeichnet. Ein Beispiel:
Ein Verkehrsschild besteht aus verschiedenen Elementen, wie Form, Farbe und Ausrichtung. Die Interpretation auf symbolischer Ebene kommt schnell an ihr Ende, weil kein Ansatz wirklich weiterführend oder produktiv ist. Letztendlich bedeutet das Verkehrsschild nicht mehr und nicht weniger als „Vorfahrt“ – es ist ein Zeichen.
Anders verhält es sich bei der Betrachtung einer Blume: Schnell ergeben sich Assoziationen z. B. zu „Wachsen und Gedeihen“, „Blühen und Verwelken“. Das Thema Lebenszyklus liegt nahe, aber auch der Name der Blume „Vergißmeinnicht“ läßt sowohl individuelle als auch kollektive Interpretationen zu. Die entsprechende Bereitschaft vorausgesetzt, ergeben sich unzählige Ansätze, die einen Deutungskern umkreisen, ihn aber nie hundertprozentig treffen werden. Damit wird der bloßen Abbildung eines Gegenstandes eine Ebene hinzugefügt: Das Bild wird zum Symbol.
Die Symbolkraft von Bildern zu erkennen und die assoziativen Prozesse – in gewissem Umfang – bewußt werden zu lassen, bereichert das seelische Leben des Individuums. Die Person erweitert dadurch ihren seelischen Horizont. Es ergeben sich positive Auswirkungen auf das Empfinden und die Ausdrucksfähigkeit von Emotionen.